Das Buch ist  im Wolfgang Metzner Verlag erschienen. Es geht um die Erzählkunst mit 101 Geschichten.

Jeder kennt Geschichten, sei es aus der Kindheit, durch Vorlesen, Lesen oder Zuhören bei verschiedensten Gelegenheiten. Wenn ich zu Beginn einer Sitzung oder bei anderen Gelegenheiten einen besonderen Impuls geben möchte, erzähle ich gerne eine passende Geschichte. Die meisten Menschen sind zunächst etwas überrascht, werden dann aber schnell neugierig und offen dafür. Sie nehmen das Angebot dankbar an. Das Erzählen eröffnet ihnen andere Zugänge zu ihren Konfliktsituationen.  Es entsteht sofort eine andere Stimmung - so ein bisschen wie wenn man um ein Lagerfeuer herum sitzen würde. Es ist vielleicht auch vergleichbar mit dem Szenenwechsel bei einem Theaterstück. Dieser Moment hat manchmal sogar etwas Magischen. Es gibt nichts zu erreichen, nichts zu rechtfertigen oder zu erklären. Es braucht einfach nur ein wenig Aufmerksamkei für das Erzählte. Das wirkt beruhigend, verschafft etwas "Luft" und ermöglicht damit Entlastung und letztendlich die Selbstreflexion aus einer anderen Perspektive. Die Klienten oder Medianden lassen sich durch die Geschichte berühren. Manchmal hat das sogar etwas Provokantes.
Ist die Geschichte zu Ende, zeigt sich die Wirkung in ganz unterschiedlicher Art und Weise. Es ist selten, dass gar nichts in Ressonanz gerät. Dagegen erlebe ich oft einen längeren Augenblick der Stille und eine persönliche Betroffenheit. Diese Stille versuche ich zu halten und damit den gesetzten Impulsen noch etwas Raum zu geben.
Durch die Geschichte ist die Verbindung zu der eigenen Situation aus einer Metaperspektive hergestellt und betrachtet worden. Das bedingt ein tieferes Verständnis. Oftmals stellt die Geschichte einen Wendepunkt im Prozess dar. Gleichzeitig wird die Erlebenswirklichkeit daduch erträglicher, weil deutlich wird, dass sich andere Menschen durchaus in ähnlichen Lagen befinden.

Vor Kurzem habe ich das Buch "Storytelling -  Konflikte lösen mit Herz und Verstand" von Hanna Milling kennen und zu schätzen gelernt.
Im ersten Teil gibt die Autorin einen Überblick über die verschiedenen Wirkmechanismen von Geschichten und einen kurzen wissenschaftlichen Hintergrund. Darin wird erklärt, wie sich die Geschichten vom Verstand in das Herz oder - anders ausgedrückt - vom Bewussten in das Unbewusste bewegen. Die Erzählkunst an sich ist nicht neu. Neu ist aber das Wiederentdecken z.B. für die Einsatzmöglichkeiten in der Mediation.
Der zweite Teil enthält hilfreiche Tipps für die praktischn Anwendung. Last noch least enthält der Band einhundertundeine Geschichten, jeweils mit den Schlüsselbegriffen am Rand über die Eignung für bestimmte Einsatzbereiche.
Das Buch hat das Potenzial eines meiner Lieblingbüchern zu werden.

Auf der Website www.mediationaktuell.de werden laufend neue Podcasts zu Geschichten aus diesem Buch veröffentlicht. Der aktuelle Beitrag vom 12. Februar geht es um eine Geschichte , die ich schon öfter in meiner Praxis verwendet habe. Es ist die "Geschichte vom zerbrochenen Krug". Wenn ich in Coachings oder Mediationen an Stellen angekommen bin, an denen der Blick an den Defizite haftet, kann es helfen, das "Gute im Schlechten", das es ja zweifellos gibt, zu erkennen oder wenn die Akzeptanz einer Situation schwerfällt. Von diesem Punkt ausgehend, bekommt der Prozess eine neue Dynamik.

Fazit: Nützlich und lesenswert.

Das Jahr 2018 war aus Sicht der Medianden wirtschaftlich das schwierigste seit der Unternehmensgründung. Davor  gab es bereits verschiedene persönliche Verflechtungen - man kannte sich. Der Wunsch, gemeinsam die Themen voranzubringen, führte letztlich zu der Gründung einer AG.

Die Gründer sind drei starke Persönlichkeiten mit ausgeprägten aber unterschiedlichen Fähigkeiten.. Heute sind sie in der Unternehmensleitung in leitenden Positionen als Aufsichtsratsvorsitzender, Vorstand und CEO tätig. Die Anteile (Aktien) sind unter den Dreien ungleich verteilt.

Die einst guten persönlichen Beziehungen haben durch die wirtschaftliche Talfahrt im vergangenen Jahr deutlich gelitten. Alle drei haben viel Geld verloren. Die Atmosphäre wurde zunehmend angespannt - die Kommunikation sparsamer. Ein konstruktiver Dialog fand kaum mehr statt,
D.h. ein Gespräch außerhalb der Tagesordnung war zwischen zwei von Dreien kaum mehr möglich. Es wurde nur noch das Nötigste gesprochen.
Bezüglich der Zukunft des gemeinsamen Unternehmens gibt es unterschiedliche, teilweise sogar konträre Vorstellungen: Vom Unternehmensverkauf über eine strategische Partnerschaft bis zu dem Wiedererstarken aus eigener Kraft hat jeder seine Position eingenommen.
In einer Mediation wurde ein gemeinsames Vorgehen vereinbart, bei dem alle drei mitgehen und an einem Strang ziehen können. Der Dialog ist wieder im Gang, das Miteinander wieder konstruktiv.
Erreicht wurde dies in einer kompakten Mediation außerhalb der gewohnten Betriebsräume an einem Freitagnachmittag und Samstag. Den Beteiligten ist es gelungen, die Positionen und Interessen gegenseitig offenzulegen und ein tieferes Verständnis zu erlangen.
Für mich war es eine große Freude zu sehen, was klare Sprache und wertschätzendes Miteinander bewirken konnten.